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Schweden-Duell um den Titel

Niclas Svensson reduziert den Eisspeedway-WM-Kampf mit seinem Sieg in Heerenveen de facto auf einen innerschwedischen Zweikampf.


Heikki Huusko schleppt sich humpelnd durch den dunklen Gang aus den Katakomben des Thialf-Eistempels. „Mit sechs Stichen genäht“, ächzt der Finne vor Lauf 17, seinem letzten in der Vorrunde. „Koivula ist mir auf der Geraden voll über den Fuß gefahren.“ Nur weil die Rennärzte mitten im vorletzten Grand Prix der Eisspeedway-WM in den Niederlanden mit Nadel und Faden flott zur Hand waren, kann Huusko in diesem 17. Durchgang überhaupt wieder antreten.


Allerdings hat der WM-Zweite aus Jyväskylä seinen Lauf im vorigen Block auslassen müssen, weil er da im Krankenbett lag. Deswegen verpasst er auch den Einzug ins Finale der besten Vier. Und verliert faktisch alle realistischen Titelchancen: Nach dem Samstagabend von Heerenveen weist sein Konto 12 Punkte Rückstand auf Martin Haarahiltunen auf – bei maximal 20 noch zu holenden Zählern für den Grand Prix-Sieg am Sonntagnachmittag.


Weil auch Max Koivula nach eigenem Bekunden im Finale zu zögerlich agiert und seinen anfangs okkupierten zweiten Platz noch verliert, haben beide Finnen nur noch mathematische Titelchancen. Realistisch wird sich der WM-Kampf zwischen den beiden Schweden Haarahiltunen und Niclas Svensson entscheiden. Wobei Svensson am Samstag zwei WM-Punkte auf seinen Freund und Stadtgenossen aus Örnsköldsvik gut macht: Der amtierende Schwedische Meister gewinnt den Großen Preis der Niederlande im Thialf-Eistempel vor Haarahiltunen.


Dabei ist Svensson noch zäh in den Abend hineingestartet. Doch nach jedem Rennen pumpen seine Mechaniker etwas mehr Luft in die Gabel. Zwei Kabelbinder an der Gabel verraten, wie lang der Federweg an der Front ist. Bei Svensson überschreitet er zunächst die maximal sinnvollen neun Zentimeter, sodass die Front im ruppiger werdenden Eis keinen Halt findet. Mit dem Luftnachpumpen härten die Schweden die Dämpfung, die Maschine liegt nach jedem Pumpstoß besser – und am Ende ist Svensson drei Mal in Folge nicht zu schlagen.


Auch nicht im entscheidenden Finale. Dort erwischt er den besseren Start als Landsmann Haarahiltunen. Dessen Motorrad hoppelt mit rupfender Kupplung los. Deswegen kommt auch Koivula auf den ersten Metern vorbei. Den kann Haarahiltunen zwar wieder kassieren. „Aber da war Niclas an der Spitze schon zu weit weg.“



An den Reibscheiben der Kupplung von Martin Haarahiltunen sind Rückstände einer Beschichtungspaste von der Getriebewelle zu sehen, die dem Schweden den entscheidenden Start verhagelt haben. Foto: Norbert Ockenga
An den Reibscheiben der Kupplung von Martin Haarahiltunen sind Rückstände einer Beschichtungspaste von der Getriebewelle zu sehen, die dem Schweden den entscheidenden Start verhagelt haben. Foto: Norbert Ockenga


Bei der Nachkontrolle an Haarahiltunens Motorrad stellt sich heraus: Eine Reibscheibe der Kupplung ist von einer schmierigen Paste beschmutzt, deswegen hat die Kupplung beim letzten Start nicht mehr richtig getrennt. Die Schmiere ist der Rückstand einer isolierenden Paste, die man als Beschichtung zwecks Hitzeschutz auf die durchgängige, sieben Millimeter Durchmesser dicke hohle Getriebewelle schmiert. Einen Teil dieser teflonartigen Paste muss über die Getriebewelle in die Kupplung gedrückt worden sein.


Weil Haarahiltunen und Svensson dieses Jahr je einen Grand Prix gewonnen haben, kann es im Finale sogar zu WM-Punktgleichheit kommen: wenn Svensson gewinnt und Haarahitunen Dritter wird. Dann wäre Svensson aufgrund der Majorität der besseren Ergebnisse der neue Titelträger.



An der Maschine von Martin Haarahiltunen wird noch am späten Samstagabend die Kupplung zerlegt und gereinigt. Foto: Norbert Ockenga
An der Maschine von Martin Haarahiltunen wird noch am späten Samstagabend die Kupplung zerlegt und gereinigt. Foto: Norbert Ockenga


Luca Bauer hat nach Gesamtrang 6 am Sonnabend noch theoretische Titelchancen, beklagt in Heerenveen zu geringe Überholerqualitäten. Max Niedermaier ist dagegen als Abendachter auch rechnerisch aus dem Titelrennen ausgeschieden. Der Bayer ist im ersten Lauf zu früh auf die Außenbahn ausgeschert – zu einem Zeitpunkt, als das Eis innen neben ihm noch gut war und die kürzere Linie folglich die schnellere.


Als Niedermaier später auf der Außenbahn sein Können ausspielen kann, beginnt ihm wieder das Hinterrad am Kurveneingang zu springen – wie schon in Heerenveen 2024 und in Inzell. Daraufhin baute er das bisher verwendete Hinterrad aus russischen Altbeständen aus und setzte ein eigenes ein, das er persönlich und etwas anders mit Spikes bestückt hat. Damit gewann er seinen letzten Vorlauf. „Und jetzt“, konstatiert Niedermaier, „langt’s mir. Jetzt kommt das andere Rad endgültig weg.“

 
 
 

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