„Da wird’s schnell eng“
- norbertockenga
- vor 4 Tagen
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Am Abend des 30. April beginnt in Cloppenburg die Zweite Bundesliga. Lokalmatador René Deddens, bis inklusive 2024 selbst im Sattel, charakterisiert in einem Gastbeitrag exklusiv für Bahndienst.com seine Heimbahn im Emstekerfeld.
Die Night of the Fights ist das Aushängeschild des MSC Cloppenburg – und neben dem Saisonausklang in Dohren die zweite große Veranstaltung im Nordwesten, die Speedway und Show perfekt in Einklang bringt und den Sport für eine neue Zielgruppe attraktiv macht.
Doch der MSC Cloppenburg macht sich unter seinem Ersten Vorsitzenden Lothar Koopmann auch traditionell für den Nachwuchs stark – und stützt mit seinen „Fighters“ auch das deutsche Ligagefüge, das so wichtig ist für eine funktionierende nationale und Nachwuchsszene.
Auch in diesem Frühling verbinden die Cloppenburger Nachwuchsarbeit mit dem Beginn der von Grund auf reformierten Zweiten Bundesliga. Die Liga selbst wird am Abend des 30. April ab 19 Uhr eröffnet; die Gastgeber treffen dann auf Inn-Isar-Racing, den MSC Olching und eine Abordnung vom Bergring Teterow. Doch schon am Sonnabend, dem 26. April, beginnt ab 13 Uhr das Programm des verlängerten Wochenendes – mit dem dritten Lauf des ADAC-Bahnsportnachwuchscups für PW50-Kinder sowie die Jugendklassen A bis D und U21. Am Sonntag folgt – bereits ab 10 Uhr – ein Lauf zur Talents Team Trophy, in dem vier Vereine im Best Pairs-Modus gegeneinander fahren. Cloppenburg schickt Levi Fittkau und Nico Will in den Rennsonntag.
Der Zweitligaauftakt am Abend vorm 1. Mai erlebt dann ein Fahrerfeld voller nationaler Größen, das attraktiver ausfällt als bei den meisten offenen oder gar Bundesligarennen: Langbahnweltmeister Martin Smolinski trifft für Olching auf seinen Dauerrivalen Lukas Fienhage, der die Cloppenburger anführt. Inn-Isar-Racing bringt in Celina Liebmann die beste Frau im Sattel mit – und die begegnet im Lager der Olchinger ihrer ärgsten Verfolgerin Patricia „Paddy“ Erhard. In Hannah Grundwald und Jenny Apfelbeck treten auch die Teterower mit zwei vielversprechenden jungen Damen an.
Die Bahn an der Boschstraße im Emstekerfeld ist bereits die zweite Heimat des MSC Cloppenburg in Sachen Speedway – nachdem die Stadt im Oldenburger Münsterland lange auch für ihre schnelle Grasbahn bekannt gewesen ist. René Deddens, 32, stammt aus Cloppenburg und hat im vergangenen Herbst in der MSC-Arena seinen Abschied genommen. Zuvor hat der Norddeutsche mehr Runden auf der Bahn gedreht als jeder Andere. Deswegen kann Deddens die Piste auch genau einschätzen – und einen klaren Favoriten ausmachen.

Deddens beschreibt: „Cloppenburg ist sehr anspruchsvoll. Das haben schon viele renommierte Fahrer feststellen müssen, die teilweise von der besonderen Charakteristik der Bahn überrascht wurden.
Der Radius und die Beschaffenheit verleihen der Bahn ihren ganz eigenen Charakter. Der Untergrund von der Bahn ist sehr hart, denn wir haben eine Tragschicht aus Beton unter dem eigentlichen Bahnbelag. Auch das Layout ist ungewöhnlich: Die Bahn ist sehr klein mit spitzen Kurven. Aber man kommt trotz der scheinbar überschaubaren Größe sehr schnell in die Kurven rein; dann geht’s irgendwann um den Knick rum. Dafür gibt es nur zwei Linien, die richtig schnell sind – und beide fallen recht radikal aus: entweder ganz innen komplett an der Kante, aber dann wir der Radius sehr spitz; wenn du’s außenrum versuchst, geht dir der leicht Platz aus. Dann wird’s schnell eng, weil man gern weit rausgetragen wird, wenn man sich zu früh zu weit nach außen wagt. Dann fädelt man mit dem Hinterrad ein – oder macht den innen Fahrenden zumindest die Türe zum Überholen sperrangelweit auf.

Lukas Fienhage und ich kennen die Bahn wohl am besten, wir beide sind dort am meisten gefahren. Deswegen ist Lukas Fienhage für mich für den Abend des 30. April auch der Favorit für die meisten Punkte. In der Mannschaftswertung sehe ich den MSC Cloppenburg bei seinem Heimspiel auch leicht im Vorteil – weil die ganze Mannschaft sich auf der Bahn hat vorbereiten können und die Aufstellung in sich und auch in die Tiefe aller Positionen hinein sehr homogen wirkt.
Das Wetter ist aktuell und in den letzten Tagen gut, mit vielen trockenen Tagen und nur wenig Regen. Also wird die Bahn etwas härter ausfallen und nicht viel Grip bieten. Ich hoffe und bin gleichzeitig sicher, dass der Bahndienst das über die Tage bis zum 30. April anpasst, die Bahn feuchter hält und so spannende Rennen möglich macht.
Cloppenburg ist eine Stadt mit großer Bahnsporttradition. Und zwar nicht nur im Speedway, wo das Team an seiner alten Heimstätte an der Friesoyther Straße schon 1973 Bundesligadritter geworden ist – sondern vor allem wegen seiner Grasbahn, die es inzwischen nicht mehr gibt. Ich bin als Kind selbst noch auf der Grasbahn gefahren, allerdings noch auf kleinen Maschinen. Cloppenburg war seinerzeit die schnellste Grasbahn Europas. Und sie hat in Detlef Conradi auch einen echten Lokalmatadoren hervorgebracht. Die Gebrüder Detlef und Frank Conradi stammen aus Garrel, einem kleinen Dorf zwischen Cloppenburg und der Thülsfelder Talsperre. Detlef Conradi war einer, der mit seiner freundlichen Art und seiner unglaublichen Motorradbeherrschung uns Fans mitreißen konnte. Meine Eltern waren gut mit ihm und seiner Familie bekannt – eine echte Identifikationsfigur für alle Bahnsportinteressierten in und um Cloppenburg.

Deswegen kann ich mich nicht nur sehr gut an seine Auftritte auf der ultraschnellen Heimbahn in Cloppenburg erinnern – sondern auch an den 25. April 1999. Da ist Detlef Conradi beim Training vor dem Grasbahnrennen in Celle mit nur 33 Jahren tödlich verunglückt.
Ich habe ihn damals gekannt und als Kind auch ein Stück weit zu ihm aufgeschaut. Ich bin schließlich schon gefahren zu dem Zeitpunkt. Ich war bei dem Unfall vor Ort und habe den Sturz sogar selbst gesehen. Da war ich zwar erst sieben Jahre alt – aber ich kann mich an alles erinnern. Es ist ein guter Freund der Familie gestorben. Meine Eltern waren auch mega-traurig. Dann seine Eltern in all’ ihrer Trauer und Fassungslosigkeit zu sehen, war nicht cool. Aber ich war noch ein bisschen kleiner, deswegen hat mich die Tragödie zwar berührt – aber nicht so sehr mitgenommen, dass ich selbst mit dem Fahren hätte aufhören wollen.
Sein Bruder Frank Conradi ist immer ein Fixpunkt im Bahnsport geblieben. Er ist auch nach Detlefs tödlichem Unfall weitergefahren, sowohl auf der Gras- und Langbahn als auch Speedway, etwa fürs Zweitligateam des MC Norden. Heute kümmert sich Frank um die Betreuung des tschechischen Talents Adam Bubba Bednar.
Und bei jedem Rennen in Cloppenburg fährt bei vielen einheimischen Zuschauern Detlef Conradi als unvergessener Lokalheld irgendwo im Hinterkopf noch mit.“
René Deddens zeigt in einem Special zum Cloppenburger Rennen auch mit Insiderwissen, was man in seiner Heimatstadt neben der Bahn alles tun und erleben kann. Seine Reisetipps zum Speedway in den Mai und dem 1. Mai findet Ihr hier:
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