Wer ist Norbert Ockenga?
Norbert Ockenga gilt seit mehr als 25 Jahren als „die Stimme des Bahnsports im deutschen Fernsehen“. Immer wenn der TV-Sender „Eurosport“ Speedway, Langbahn oder Eisspeedway zeigt, ist der Ostfriese am Mikro – seit er 1998 seinen Job als Motorsportkommentator beim Pariser Sender angetreten hat.
Das ist kein Wunder. Denn Ockenga hat im Laufe seiner journalistischen Karriere zwar von nationalen Autorennserien über die Tourenwagen-EM und -WM, die Internationale GT-Meisterschaft, die 24 Stunden von Le Mans und die Sportwagenlangstrecken-WM bis hin zur Formel 1 sowie der Rallye-WM und der Rallye Dakar schon so gut wie jede Automobilsportdisziplin journalistisch begleitet, entweder fürs Fernsehen oder für diverse große Zeitschriften. Die Gründung eines eigenen Verlags für die Zeitschrift PITWALK zusammen mit seiner Ehefrau Heike Kleene – selbst lange Jahre als Fotografin mit einem außergewöhnlichen Blick für besonders ausdrucksstarke Fahrermotive an Rennstrecken im In- und Ausland unterwegs – folgte irgendwann als logischer nächster Schritt.
Doch seine motorsportlichen Wurzeln liegen im Bahnsport.
Denn als 12-jähriger Dreikäsehoch erlebte er 1983 im Motodrom Halbemond in seiner ostfriesischen Heimat sein erstes Rennen überhaupt: jenes denkwürdige WM-Finale, in dem Egon Müller vor mehr als 40.000 Zuschauern sensationell Weltmeister wird. Die Oster- und Pfingstrennen des MC Norden sind seinerzeit Gesprächsthema Nummer 1 in der Region, weswegen Vater Heinz Ockenga seinen Knirps spontan mitnimmt zum Weltfinale – obwohl in der Familie bis dato niemand ein Interesse an irgendwelchem Motorsport gehabt hätte.
Doch die Länderspielatmosphäre, die Müller zum WM-Titel peitscht, reißt auch den kleinen Jungen mit. Nach dem letzten Heat wird er mit der jubelnden Menschenmenge zu Müller ins Innenfeld gespült, erhascht zwar einen Griff an dessen stabile Lederkombi, aber kein Autogramm: Müller wieder rasch wieder weitergeschwemmt zu Siegerehrung. „Bei diesem Rennen muss irgendwas in mir gesät worden sein“, sinniert Norbert Ockenga heute. „Damals, als Kind, war mir das natürlich noch nicht bewusst – aber genau an diesem Tag muss der Wunsch und die Entschlossenheit in mir entstanden sein, Motorsportjournalist werden zu wollen.“
Dazu geht er nach dem Abitur 1991 den damals üblichen Weg: freier Mitarbeiter beim „Heimatblatt“, einer Wochenzeitung in Aurich, und dem „Ostfriesland-Journal“, einem Monatsmagazin aus Leer. Für beide schreibt er über die Speedwayrennen im Motodrom an der Küste, aber auch über Gastspiele des Ohnsorg-Theaters in der Auricher Stadthalle, plattdeutsche Laienschauspielgruppen in Aurich und im Südbrookmerland, Modenschauen oder Kaninchenausstellungen. „Mein allererstes Interview“, lächelt Ockenga, „führte ich mit Heidi Kabel, backstage vor einem Auftritt in Brems Garten.“
Von Anfang an gehört auch Freie Mitarbeit bei der Zeitschrift „Bahnsport aktuell“ mit zum Arbeitsalltag des jungen Journalisten. „Die Bahnsport“ ist das Kult- und Zentralorgan für die deutsche Speedway-, Lang- und Grasbahn- sowie Eisspeedwaygemeinde. Ockenga reist als junger Journalist zu Rennen von Rastede, Vechta und Cloppenburg bis Harsewinkel und Lüdinghausen, von Heide und Brokstedt bis Moorwinkelsdamm, zu den Eisspeedwayklassikern nach Frankfurt, Inzell und Berlin – und wird Stammgast im Motodrom Halbemond.
Durch die Berichte über seinen Verein wird Franz Arens, der streitbare und unorthodoxe Klubchef des MC Norden, auf Ockenga aufmerksam. Er holt ihn 1993 zuerst als Pressewart und dann als Zweiten Vorsitzenden zum MCN, macht ihn auch zum Teammanager eines Bundesligateams rund um den Australier Ryan Sullivan sowie die norddeutschen Fahrer Michael Strack und André Haltermann. Als das Ligateam zusperrt, wirbt Gerd Sievers Ockenga als Teammanager für die Superligamannschaft vom ST Berlin-Wolfslake ab, wo er unter anderem mit Simon Wigg zusammenarbeitet.
Daraus erwächst eine zwei Jahre währende Tätigkeit als Ghostwriter für die internationalen Presseinformationen, die Simon Wigg nach jedem Rennwochenende verschickt. Denn Ockenga ist da längst auch international in Sachen Motorsport unterwegs, schreibt als Deutschlandkorrespondent regelmäßig für die englische Wochenzeitschrift „Speedway Mail International“ und das australische Jahrbuch „Loader’s International Speedway Annual“.
Seine allererste Auslandsreise als Fahranfänger führt ihn 1991 zum Speedway nach Ipswich und Coventry; Jürgen Baumgarten, der große Förderer der Russen im Eisspeedway, nimmt ihn später mit nach Saransk und Krasnojarsk in Russland.
1994 beginnt Ockenga ein Volontariat – also eine Ausbildung zum Journalisten – bei der renommierten Motor-Presse Stuttgart. Für deren Titel „auto motor und sport“, „sport auto“ und „Motorsport aktuell“ verlagert er seinen Schwerpunkt auf Sportwagen- und Formel 1-Rennen. Nach einer verkürzten Ausbildungszeit und einem Jahr als Redakteur in Stuttgart wirbt die Hamburger Zeitschrift „rallye racing“ ihn für dieselben Fachgebiete ab.
Parallel zu seiner Arbeit für den Springer-Titel wird er bei den 24 Stunden von Le Mans 1997 für einen Törn als Experte und Co-Kommentator von Stefan Heinrich ans „Eurosport“-Mikro eingeladen. Daraus entwickelt sich eine Tätigkeit als Fester Freier Mitarbeiter für den paneuropäischen Sender, dessen Hauptquartier in Paris sitzt. „Eurosport“ zeigt damals schon die Speedway-WM und setzt Ockenga aufgrund dessen Vorbildung als Kommentator für die Zusammenfassungen ein. Später wird er immer wieder für Bahnsportsendungen besetzt: mal die EM mit Egon Müller als Co-, mal die Schwedische Liga oder Grands Prix zusammen mit Tobias Kroner, mal die WM mit Martin Smolinski. Aktuell kommentiert Ockenga die Livestreams aller Grands Prix auf „Discovery plus“, dem Streamingdienst von „Eurosport“, sowie die einstündigen Zusammenfassungen der Großen Preise am Dienstagabend im Hauptsender. Dazu auch eine Menge anderer Motorsportsendungen – vor allem seine tägliche Arbeit bei der Rallye Dakar hat Ockenga eine große Fangemeinde eingebracht.
Neben der Kommentatorentätigkeit hatte der heutige Mittfünfziger über all’ die Jahre hinweg immer wieder weiterführende Berührungspunkte mit dem Bahnsport: Beim Eisspeedwayspektakel „Master of Spikes“, das Ende der Neunziger zwischen den Jahren im Berliner Sportforum Hohenschönhausen stattfand, war er regelmäßig Hallensprecher. Beim WM-Grand Prix im Berliner Jahn-Stadion, direkt am Mauerpark, fungierte er zusammen mit Egon Müller als Stadionsprecher und überbrückte eine stundenlange Regenverzögerung unermüdlich und unvergessen mit zahlreichen Interviews und Updates aus dem Fahrerlager. Für die Grands Prix Auf Schalke in Gelsenkirchen, die genau wie das Master of Spikes und der Jahn-WM-Lauf von Gerd Sievers organisiert wurden, zeichnete Ockenga für den sportlich-fachbezogenen Teil der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, im Schulterschluss mit dem Kollegen aus dem Team der Arena, der die regionale Pressearbeit im Ruhrgebiet führte.
Nicht alle Engagements haben geklappt: 2008 hätte Ockenga beim EM-Finale der großen 1.000-Kubik-Seitenwagen als Bahnsprecher ans Mikro sollen. Doch das Rennen musste wegen Regens von Samstagabend auf Sonntag verlegt werden – und da musste der rasende Reporter bereits wieder in Le Mans in Westfrankreich vor Ort sein.
Mit der Gründung des Internetportal http://www.bahndienst.com erfüllt Norbert Ockenga sich als 53-Jähriger zusammen mit seiner Ehefrau Heike Kleene einen Kindheitstraum, der unbewusst in ihm geschlummert haben muss: endlich ein professionelles Medium für Speedway und Bahnsport. Der News- und Journalismus-Hub ist neben der Zeitschrift „PITWALK“, die alle zwei Monate mit einem Umfang von 180 Seiten erscheint, das zweite große Projekt des eigenen Medienhauses von Norbert Ockenga und Heike Kleene – die als Fotografin ebenfalls im Motorsportjournalismus unterwegs ist und sich als Chefin vom Dienst hinter den Kulissen darum kümmert, den Laden am Laufen zu halten.
PITWALK gibt es bereits seit 2011. 2019 folgt PITCAST, der erste deutsche Motorsport-Podcast überhaupt; in der Coronazeit wird das digitale Angebot der PITWALK-Collection um einen eigenen Streamingdienst mit Talks und eigens produzierten Hintergrundvideos ergänzt. So schaffen Ockenga und Kleene einen Multimediaverlag mit klarer Aufgabenteilung innerhalb der Objekte: PITWALK steht für inhaltlich anspruchsvollen und optisch ansprechenden Hintergrundmagazinjournalismus, das Online-Radio PITCAST und die Videos von PITWALK TV übernehmen das Tagesaktuelle – die 1:0-Berichterstattung, wie das im Branchenjargon heißt.
Die Website http://www.bahndienst.com kam im Frühling 2025 dazu. Schon als Chefredakteur von PITWALK hat Ockenga stets dafür Sorge getragen, dass in regelmäßiger Folge auch Speedway- und Eisspeedwaythemen Eingang in die Heftinhalte gefunden haben. „Tobias Kroner und ich haben in unseren zahlreichen Sendungen immer wieder den Spruch geprägt: ‚Speedway macht süchtig.‘ Ich wollte darum, dass der Sport auch außerhalb der reinen Kernfangemeinde bekannt wird und neue Freunde dazu gewinnt – deswegen die vielen Geschichten in PITWALK: um Bahnsport jenen Motorsportfans nahezubringen, die sich an sich vor allem für Formel 1, Le Mans und Co. interessieren. Denn ich finde, dieser Sport hat mehr verdient als nur das Nischendasein für Insider, das derzeit noch typisch für ihn ist.“